Zur Historie:
Im Mittelmeer-Raum rasierten sich Frauen schon in frühen Jahrhunderten, wenn sie spürten, dass die Menstruation einsetzte, um lästige und unhygienische Blutverklebungen im behaarten Intimbereich zu verhindern. Dafür brauchte man/frau früher übrigens keine "Nassrasurspezialisten", kleine Messerchen gab es dafür damals schon. Vorrangig aus dem Hebräischen und Arabischen Raum ist diese Praxis bekannt, ebenso, wie die Beschneidung bei Männern, ebenfalls aus dortigen hygienischen Gründen. Auch heute noch wird vor OPs und Entbindungen der weibliche Intimbereich rasiert, damit sich kein gerinnendes Blut darin sammeln kann. Hier ist der einzige hygienische Aspekt zu finden, der aber im normalen Pflegealltag kaum vorkommt.
Die Männer haben irgendwann erkannt, dass Frauen sich rasieren, wenn sie die Menstruation bekommen und die Assoziation hergestellt: Rasur = Menstruation = Fruchtbarkeit = Attraktivität, also eine Frau, die sich rasiert ist fruchtbar und damit für den Mann attraktiv. Damit kam erstmalig der Wandel vom hygienischen zum sexuellen Aspekt. Frauen begannen also, sich nicht nur während der Menstruation, sondern regelmäßig zu rasieren, um damit attraktiver zu sein.
Bei uns in Nordeuropa und in der von hier ausgehenden Kolonisation spielte dies lange keine Rolle, da die Keimbelastung in gemäßigten Breitengraden niedriger ist. Vereinzelte Berichte von Intimrasur aus früheren Zeiten haben fast immer einen sexuellen Aspekt. Bis in die frühen Achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts herrschte in Nordeuropa und in den USA munterer genitaler Wildwuchs.
Dann begann man in sexuell aufgeschlossenen gesellschaftlichen Kreisen (Swinger sind keine "Erfindung" der letzten Zeit!) das Intimhaar als persönliche Gestaltungsmöglichkeit zu nutzen, indem es zu Mustern gestutzt und später immer häufiger ganz entfernt wurde. Von sexuell aufgeschlossene Menschen betätigten sich immer schon manche im Pornogewerbe und damit auch welche, die sich mehr, oder weniger rasierten. Galt dies zunächst noch als exotisch und interessant, entdeckten US-Amerikanische Porno-Regisseure bald handfeste Vorteile: bei Hardcore-Aufnahmen ist der Geschlechtsakt rasierter Darsteller einfach besser und direkter zu sehen und damit leichter zu filmen. Deshalb wurden die Darsteller angehalten, sich zu rasieren, um als Darsteller gebucht zu werden, wurde die Rasur zur Voraussetzung, also wurde das gängige Praxis, wenn man/frau Aufträge im XXX-Bizz haben wollte.
Jetzt wird es soziologisch sehr interessant, denn: Den überwiegend männlichen Porno-Konsumenten in den USA gefielen die rasierten Darsteller(innen) und so zog die Intimrasur auch in die bürgerlichen, amerikanischen Haushalte ein. In der ach so prüden US-Gesellschaft bekam die Porno-Industrie einen Multiplikator-Effekt, der in den Haushalten der durchschnittlichen Gesellschaft adaptiert wurde. Die dann einsetzende selbstverständliche Intimrasur wurde zwar nicht von der Porno-Industrie erfunden, aber von ihr in die Gesellschaft getragen und dort populär gemacht, wo natürlich nie Porno-Filme konsumiert werden.
US-Pornos wurden auch und gerne im freieren Europa vertrieben und konsumiert und so schwappte der Rasur-Trend über den Atlantik nach Europa. Übrigens wirkt sich der Intimrasur-Trend in verschiedenen Europäischen Länder sehr unterschiedlich aus, am rasurfreudigsten sollen die Holländer sein, dicht gefolgt von den Deutschen, nach Norden und Süden nimmt dieser Trend in Europa konzentrisch ab. Im Arabischen und Hebräischen Raum ist die Intimrasur seit langer Zeit traditionell kontinuierlich weit verbreitet (s.o.).
Aus Südamerika kommt neuerdings ein Trend in die USA, der behaarte Darsteller(innen) in Filmproduktionen zeigt, noch nicht beherrschend, aber vorhanden. Insbesondere die Teilrasur wird wieder häufiger gesehen. Es hat Fälle gegeben wo sich Pornodarstellerinnen geweigert haben, sich für bestimmte Produktionen zu rasieren, weil sie fürchteten, von ihren Stamm-Agenturen keine Anschluss-Aufträge zu erhalten, bis das Schamhaar nachgewachsen ist. Und wir sprechen hier nicht über den Fetisch-Bereich!
Es besteht in heutiger Zeit und hiesiger Region also sehr wohl ein starker, wenn nicht sogar ausschließlicher sexueller Aspekt, wenn man die Intimrasur betrachtet: Denn sie dient heute fast ausschließlich der persönlichen Individualisierung, eben als Körperschmuck, auch wenn nicht vorhanden. Entgegen von Tattoos und Piercings hat das einen gravierenden Vorteil: es lässt sich leicht, schmerzlos und jederzeit reversibel verändern.
Wenn wir also über pro/contra Intimhaare diskutieren, dann ist der persönliche Geschmack entscheidend und hier sollte grösst mögliche gegenseitige Toleranz gelten. Ausserdem: was heute hip und schick ist, muss es morgen nicht mehr unbedingt sein. In dem Sinne: es lebe die Vielfalt, denn die Welt ist bunt!